Zur zehnten Stunde vernimmt man auf der kleinen Insel den dunklen, monotonen Klang der Hörner, die zur Versammlung rufen. Schon seit Tagen waren hinter vorgehaltener Hand Gerüchte über einschneidende Veränderungen zu hören  - irgend etwas würde Geschehen, irgend etwas, was die Goliarden und einige Hohepriester seit Wochen, ja Monaten ausbrüteten. So kommt es, dass alle Gerufenen, die höheren Adepten, die Hohepriester, einige unbekannte Gestalten von Adel wie auch ihr, ungewöhnlich schweigsam zur zentralen Halle gehen.

Die zentrale Halle ist ein mächtiger Rundbau, von den mehrere Meter hohen, in Stein gehauenen Bildnissen der Dämonen des Lichtes gesäumt und das Herz des Ordens des Lichtes, wo vor hunderten von Jahren die Gründer die ersten Synkretiden niederschrieben. Im Inneren öffnet sich unter der von einem mächtigen Säulenkreis getragenen Kuppel eine einzige Halle, in der sich eine steinerne Sitztribüne zu drei Vierteln am äußeren Gemäuer entlangzieht, während das dem Eingang gegenüberliegende Viertel die großzügigeren Plätze für die Goliarden und Hohepriester des Inneren Rates bereitstellt.

Es mögen wohl an die Hundert Besucher die Halle füllen, als schließlich die große Doppeltür geschlossen wird: Der Süden Garandots, die Hoffnung der Renegaten.

 

27. März 78V - Synkretia

Antalion, Goliarde des Lumen Mundi spricht:

Als sich das Gemurmel der Anwesenden gelegt hat, erhebt sich die Goliarde Antalion und schreitet in die Mitte der Halle. Seine würdige Erscheinung ist von der dunkelblauen Kutte der Goliarden fast gänzlich verhüllt und seine Gesichtszüge sind nur zu erahnen. So hebt er die Arme zum Sonnengruß und beginnt zu sprechen:

„Schwestern und Brüder des Lichtes! Hört mich an! Fern im Norden, in Tyrion, herrscht Maanak von den Serassin, doch er ist alt geworden, und nach ihm wird sein Sohn Lonaark den Thron des Hochkönigs besteigen. Dies wird für unseren Orden nichts Gutes bedeuten, denn Lonaark ist voller Hass und Tatendurst. Deshalb hat der Innere Rat beschlossen, in den Westen zu ziehen - nach Bennegwyn. Alle Synkretiden, alle Schätze des Lumen Mundi und - bis auf eine kleine Gruppe, die hier zurückbleibt - alle Angehörigen des Ordens werden bald nach und nach aufbrechen: Zur Synkretia Angandinia nach Caridor!

Seit sieben Jahren bauen wir dort die neue Heimstatt, und so wir uns als würdig erweisen, werden wir ein Bollwerk der Freiheit, des Lichtes der Welt sein. Dies soll uns ein Trost sein, die wir die Heimat verlassen werden. Dies soll unser Leitfaden sein, denn die Zeiten werden stürmischer. Und am Ende der Dinge, die geschehen mögen, wollen wir uns hier wiedersehen, wenn kein Serassin und kein AnÏminarpriester mehr die Erde mit ihrer Existenz beschmutzen werden.

Doch heute gilt es den Exodus vorzubereiten, ich rufe jetzt die auf, auf welche eine Aufgabe wartet.“

Die Abenteurer werden jetzt, da sich die Versammlung auflöst, in das Arbeitszimmer Antalions geführt, wo sie ihren Auftrag erhalten:

„Freunde, es ist nun an mir, euch eure Aufgabe zuzuweisen. Ihr sollt wissen, daß wir euch nicht ohne Bedacht erwählten, denn es mag wohl sein, dass ihr auf der bevorstehenden Reise manche Gefahr ertragen müsst. Doch will ich zunächst erläutern, was auf euch wartet: Wie ihr eben hörtet, werden wir mit der  bersiedlung nach Bennegwyn bald beginnen, und es ist nun auch so, dass die Synkretiden, die heiligen Schriftrollen des Ordens, den Weg über das Meer gehen werden. Der Innere Rat möchte das Risiko für den größten aller Schätze minimieren.  Deshalb senden wir euch aus, getarnt als Goliarde mit Gefolge und einer leeren Lade, die Feinde zu täuschen. Denn so gewiß wie die Sonne ihrer Bahn folgt, so gewiß werden die Schergen des Hochkönigs unser Unternehmen zu stören suchen.

In der siebten Nacht von heute an werdet ihr in Yakat auf einem Handelssegler aus Andragat in See stechen, um an der Ostküste Bennegwyns nördlich von Akoria zu landen. Ihr müßt die Tarnung auch dort aufrecht erhalten. Von dort macht ihr Euch auf den Weg nach Genogh. Diese Stadt, so haben wir kürzlich erfahren, ist von den vereinigten Truppen Caridors, Ghadots und Odarats eingenommen worden. Dort wartet der Hohepriester Arànrod auf euch.“